Letzte Ruhe im Juwel
Bad Homburger Friedhof kann sich sehen lassen
Taunus Zeitung 19.07.2014
Unordentliche Wege, olle Gießkannen – die Erlöserkirchengemeinde musste sich einige Beschwerden über den Friedhof am Untertor anhören. Jetzt ist hier die wohl schönste Urnenwand der Stadt entstanden.
Asche zu Asche, Staub zu Staub – bei ihrer ersten Bestattung vor einer Urnenwand kam Astrid Bender, Pfarrerin der evangelischen Erlöserkirchengemeinde, jüngst der Gedanke, dass diese Redensart nicht mehr so passt. Die Kirche muss derzeit in vielem umdenken, gerade auf dem Friedhof. Dort wünschen bis zu 80 Prozent der Hinterbliebenen inzwischen eine Feuerbestattung, wie Marc Zahradnik, Inhaber des Beerdigungsinstituts Eckhardt, weiß.
Seit etwa einem Jahr lässt die Gemeinde den von ihr betriebenen Friedhof am Untertor aufmöbeln. „Es ist der historische Friedhof der Stadt“, erklärt Bender. Es gab Beschwerden über unordentliche Wege, die alten Gießkannen – und Menschen, die ihr Grab lieber auf einem anderen Friedhof haben wollten. Es galt zu handeln. „Einfach laufen lassen ging nicht mehr“, weiß auch Diethelm Harder, der sich für den Kirchenvorstand um den Friedhof kümmert.
Formal liegt die Friedhofsverwaltung beim Gemeindebüro. Doch Zahradnik fungiert nun als Technischer Direktor des Friedhofs. Der Bestatter kennt ihn wie kein anderer; weiß, was man wie verschönern kann. Auch die Trittler-Kapelle war ein „Schandfleck“ (Zahradnik); jetzt ist sie sein erstes Erfolgserlebnis und „ein Juwel, das sich selbst erhält“. Ihrem Namen „Weiße Kapelle“ (siehe „Zum Thema“) macht sie nun alle Ehre. Sie wurde für 35 000 Euro renoviert und innen mit einer Urnenwand ausgestattet.
82 Urnenplätze sind in dem historischen Bau entstanden. Bis zu zwei Urnen können in jedem Fach der Glasvitrine ruhen – das kostet 2000 Euro für 20 Jahre. Pflegeanforderungen zieht dies nicht nach sich; Trauernde bekommen einen Schlüssel und können sich in die Intimität der Kapelle zurückziehen. Trost spendet Christus auf einem Mosaik, das etwa so alt ist wie das Pantokrator-Mosaik in der Apsis-Wölbung der Erlöserkirche.
Unter dem Weigand-Engel
18 weitere Urnenplätze haben Zahradnik und sein Team auf dem Weigand-Grab angelegt. Die Ruhestätte mit dem Engel sollte vor einem Jahr noch abgeräumt werden, obwohl Denkmalschützer sie als erhaltenswert einstuften. Eine Seniorin, deren Familiengrab nebenan liegt, hatte sich dafür eingesetzt, dass das Weigand-Grab erhalten wird – das ist gelungen. Zahradnik reinigte die schwarz angelaufene Marmor-Statue und bepflanzte das Grab fröhlich mit Dahlien und Tagetes. Drei Urnenplätze sind schon reserviert; schlichte Steine mit Namen erinnern an die Verstorbenen. Auch hier übernimmt die Pflege die Friedhofsverwaltung.
Zum Thema: Denkmäler am Untertor
Die „Weiße Kapelle“ ist die einstige Familiengrabstätte der Bankiersfamilie Trittler. Sie entstand 1913 mit sechs oberirdisch aufgestellten Särgen – wie die Archivare schreiben, kostete das damals 3300 Mark.
Nicht selten wollten Menschen anonym bestattet werden, erzählt Bender. Doch das widerstrebt ihrem theologischen Verständnis. Grund sei zuweilen ein Missverständnis zwischen Sterbenden und Hinterbliebenen. „Es ist wichtig, noch zu Lebzeiten übers Thema Friedhof zu sprechen“, sagt sie.
Die Urnenplätze kann man auch schon zu Lebzeiten reservieren. Telefon: (0 61 72) 91 77 81 (Zahradnik) oder (0 61 72) 2 10 89 (Gemeindebüro).